Der Orkan Zeynep (int. Eunice) hat gestern in weiten Teilen von Nordeuropa turbulentes Wetter mit zum Teil Rekordwinden gebracht. Wir werfen einen Blick auf die Zugbahn des Sturms, und erläutern in einem abschliessenden Abschnitt die von ihm verursachten Probleme.
Die Entwicklung des Orkan Zeynep
Das Orkantief Zeynep (int. Eunice) ist in den frühen Morgenstunden des vergangenen Donnerstags auf den Wetterkarten als Tief aufgetaucht. Wie auf der nachfolgenden Darstellung ersichtlich ist, hatte er damals einen Kerndruck von knapp unter 1000 hPa und lag rund 1500 Kilometer nordöstlich vor der Iberischen Halbinsel über dem Nordatlantik. In den folgenden 24-Stunden hat er sich bis auf 973 hPa vertieft und unterlief demnach einer sogenannten "Bombogenese" (Druckfall von mehr als 24 hPa innerhalb 24 Stunden).
Abb. 1: Druckverteilung über dem Nordatlantik am Donnerstag (17.02.2022, 0 Uhr). Quelle: tropicaltidbits.com
Der zeitliche Ablauf
Gestern Freitag in den frühen Morgenstunden waren die heftigen Winde bereits in Irland zu spüren. So wurde beispielsweise in Roches Point in der Nähe von Cork ein 10-minütiges Windmittel von knapp 106 km/h gemessen. Gemäss des Irischen Wetterdients entspricht dies dem höchsten Mittelwind an einem Februartag seit 65 Jahren. Wenig später waren die orkanartigen Winde auch in England zu messen. An der Messstation The Needles auf der Insel Wight (Isle of Wight) - einer vorgelagerten Insel an der Südküste Grossbritanniens - wurde eine Böe von knapp 196 km/h (122 mph) gemessen! Sollte sich dieser Messwert bestätigen, wäre dies die stärkste Böe in England seit Messbeginn (Rekord für Grossbritannien: 228 km/h in Schottland, 1989). In den Mittagsstunden wurden auch um London Böen von rund 100 km/h gemessen, dies erwies sich besonders am stark frequentierten Flughafen Heathrow als problematisch. Mehrere Flüge wurden umgeleitet oder starteten mit deutlichen Verspätungen.
Abb. 2: Satellitenbild des Orkantiefs Zeyneps. Quelle: NASA Earth
Am frühen Nachmittag waren die stärksten Winde über dem Ärmelkanal und an der angrenzenden französischen Küste zu finden. Die stärkste Böe Frankreichs raste dabei mit 152 km/h durch die Messstation von Boulogne, rund 20 km südlich von Calais. In den darauffolgenden Stunden zog der Orkan weiter ostwärts und fegte über die Benelux-Staaten hinweg. Gegen 17 Uhr wurden sowohl auf dem Houtribdijk-Deich (trennt das IJsselmeer vom Markermeer) als auch auf dem 213 m hohen Messturm Cabauw in der Provinz Utrecht Windspitzen von rund 145 km/h registriert. In Belgien lag der höchst gemessene Wert mit 133 km/h (Ostende) nur wenig tiefer. Selbst weiter von der Küste entfernt, in Luxemburg, zeigte das Windmessgerät >100 km/h an (max. 106 km/h in Wiltz).
Als nächstes Land folgte Deutschland. Auch wenn hier die ersten Orkanböen bereits gegen 17 Uhr aufgetraten, verstärkten sich die Winde weiter und erreichten gegen 20 Uhr rund 155 km/h auf dem Alte Weser Leuchtturm vor der Wesermündung (um Mitternacht sogar eine Böe von 163 km/h). Ebenfalls betroffen waren in der Folge die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Niedersachen, Bremen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Hier wurden grossflächig Windspitzen von 100 bis 120 km/h erreicht, in leicht erhöhten oder exponierten Lagen auch 140 bis 150 km/h. Nach 21 Uhr wurden dann auch an der Ostsee die ersten Orkanböen gemessen (beispielsweise in Kiel mit 120 km/h). Diese breiteten sich weiter ostwärts aus und erreichten gegen 3 Uhr in der Früh auch Polen.
Abb. 3: Orkan Zeynep richtet z.B. in Noddeutschland grosse Schäden an. (Bildquelle: Feuerwehr Neukloster / Facebook)
Der Winde von Zeynep werden in den nächsten Stunden in Polen weiter landeinwärts ziehen und auch hier zunächst verbreitet Orkanstärke erreichen, bevor sie sich unter weiterer Ostverschiebung bis heute Abend mehr und mehr abschwächen.
Die nationale Hitliste
Land | maximale Windböe (km/h) | Ort |
Belgien | 133 | Ostende |
Dänemark | 118 | Kegnæs |
Deutschland | 163 | Alte Weser Leuchtturm |
England | 196 | The Needles (Isle of Wight) |
Frankreich | 152 | Boulogne |
Irland | 137 | Roches Point |
Luxemburg | 106 | Wiltz |
Niederlande | 145 | Houtribdijk und Cabauw |
Wales | 141 | Mumbles |
Die Folgen
Orkan Zeynep zog nur Stunden nach Ylenia durch Nordeuropa und verursachte unter anderem folgende Probleme (eine Auswahl):
- sowohl am Flughafen London Heathrow als auch anderen wichtigen Flughafen (z. B. Amsterdam Schipol) wurden diverse Flüge entweder umgeleitet oder flogen mit einer Verspätung los. Ebenfalls betroffen ist das Schienennetz, in Niedersachsen wurden der Zugverkehr eingestellt.
- Stromausfälle durch umgefallene oder zerstörte Verbindungsmasten
- Hochwasser an den Küsten der Nordsee durch die Sturmfluten. Um dem entgegenzuwirken wurden mehrere Deichtore geschlossen, darunter auch auf den Ostfriesischen Inseln.
- unzählige Feuerwehreinsatze
- Todesopfer, meist durch umgestürzte Bäume oder Gebäudeteile
Abb. 4: Die Einsatzkräfte standen in der Nacht zum 19. Februar 2022 teilweise im Dauereinsatz. (Bildquelle: Feuerwehr Bochum / Facebook)
Böenspitzen in der Schweiz
Säntis | 117 |
Chasseral | 115 |
Bantiger | 111 |
Wildspitz | 111 |
Pilatus | 105 |
Corvatsch | 103 |
St. Chrischona | 101 |
Würenlingen | 94 |
Cressier | 92 |
Härkingen | 91 |
Neuenburg | 90 |
Schaffhausen | 88 |
Glarus | 87 |
Möhlin | 87 |
Leibstadt | 85 |
Salen-Reutenen, Homburg TG | 85 |
Bad Ragaz | 84 |
Zürich Flughafen | 83 |
Vaduz | 81 |
Delsberg | 80 |
Rünenberg | 78 |
Liestal | 78 |
Zürich-Zürichberg | 78 |
Thierachern | 77 |
Oberägeri | 77 |
Sankt Gallen | 77 |
Bière | 75 |
Steckborn | 75 |
Gerlafingen | 73 |
Neuer Sturm am Montag
Im Norden Europas bleibt das Wetter auch in den kommenden Tagen extrem dynamisch! Vor Grönland hat sich bereits ein neues Sturmtief gebildet. Es verlagert sich langsam ostwärts, am Sonntagabend liegt sein Zentrum zwischen Island und Schottland. Sein Windfeld ist riesig und tangiert morgen zunächst vor allem Grossbritannien und Irland, bis zum Abend erfasst es dann aber immer weitere Teile Europas. Auch in der Schweiz frischt der Südwest- bis Westwind morgen wieder deutlich auf, in der Höhe wird es stürmisch. In der Nacht zum Montag und am Montag selbst erreicht der Wind im Flachland aus heutiger Sicht Spitzen zwischen 60 und 90 km/h, auf den Bergen gibt es Orkanböen. Details zu dieser Entwicklung folgen morgen.
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