Viele träumen von einer weissen Weihnacht. Diese gab es letztmals 2010 im Flachland etwas verbreiteter, die Statistik macht so wenig Hoffnung. Ein erster, allerdings sehr scheuer und mit allergrösster Vorsicht zu geniessender Trend zeigte nun, dass die Chancen für weisse Weihnachten dieses Jahr durchaus intakt sind, es zeichnete sich nämlich vor Weihnachten eine interessante Wetterentwicklung ab. Allerdings krebsten die Wettermodelle immer mehr zurück, sodass vor Weihnachten im Flachland kein Schnee fällt. Über Weihnachten bestand noch eine letzte kleine Option auf Schnee, diese ist nun auch wieder rausgerechnet, sodass Weihnachten 2023 definitiv grün ausfallen werden. Vielleicht klappt es ja nächstes Jahr...
4. Update: Weihnachten im Flachland definitiv grün
Die Würfel sind gefallen, weisse Weihnachten im Flachland bleiben auch dieses Jahr nur ein Traum (für die Aussichten in den kommenden Tagen siehe den Blog von gestern). So stellt sich vor und über Weihnachten eine relativ milde und vor allem vor Weihnachten auch nasse sowie windige Nordwest- bis Westlage ein, welche jegliche Optionen für Schnee im Flachland ausschliesst. Die Frage ist nur noch, ab welcher Höhenlage es weiss ist. Momentan liegt im Norden vielerorts ab rund 800 bis 1000 Metern Schnee (vgl. Abb. 1 und 2), im Süden ist die Schneegrenze noch etwas höher.
Abb. 1: Auf 840 Metern auf dem Bürgenstock liegt aktuell kein Schnee...; Quelle: roundshot
Abb. 2: ...auf der Wolzenalp auf 1100 m dagegen schon; Quelle: roundshot
Morgen liegt die Schneefallgrenze ungefähr in dieser Höhenlage, danach ist sie durchgehen höher. Dies bedeutet, dass es bis mindestens 800 bis 1000 Meter, wahrscheinlich noch etwas weiter hinauf grün sein wird. Vor allem in hohen Lagen liegt aber weit überdurchschnittlich viel Schnee, wobei noch einiges an Neuschnee dazukommt, sodass der Überschuss sogar noch etwas ansteigt.
Weihnachtstauwetter?
Im Zusammenhang mit fehlenden weissen Weihnachten hört man immer wieder, dass das sogenannte Weihnachtstauwetter daran schuld sei. Als Weihnachtstauwetter wird dabei eine mild-nasse Witterungsperiode mit atlantischen Luftmassen bezeichnet, die in Mitteleuropa und damit auch in der Schweiz als klimatologische Singularität oder Witterungsregelfall immer wieder so um die Weihnachtszeit eintreten soll. Dabei soll sich über die Feiertage eine Milderung einstellen, welche uns dann im Flachland grüne Weihnachten beschert, selbst wenn vorher eine geschlossene Schneedecke lag. Doch hält dies einer statistischen Prüfung stand? Nachfolgend eine Tabelle für Bern, in welcher für den uns zur Verfügung stehenden Zeitraum ab 2001 die Durchschnittstemperaturen in den fünf Tagen vor Weihnachten (19.-23. Dezember) mit den Temperaturen über Weihnachten und kurz danach (24.-28. Dezember) für Bern verglichen werden.
Jahr | Ø-Temperaturen 19.-23. Dez. | Ø-Temperaturen 24.-28. Dez. | Abweichung |
2001 | -2.76 | -0.76 | -2.00 |
2002 | 4.40 | 5.32 | -0.92 |
2003 | 1.18 | -1.70 | +2.28 |
2004 | -0.3 | 2.06 | -2.36 |
2005 | -2.08 | -2.96 | +0.88 |
2006 | -0.76 | -2.64 | +1.88 |
2007 | -4.60 | -4.16 | -0.44 |
2008 | 2.00 | -1.66 | +3.66 |
2009 | -1.82 | 1.22 | -3.04 |
2010 | 2.62 | -4.94 | +7.56 |
2011 | 0.90 | -0.56 | +1.46 |
2012 | 3.04 | 5.36 | -2.32 |
2013 | 2.74 | 1.84 | +0.90 |
2014 | 4.04 | 0.90 | +3.14 |
2015 | 4.14 | 1.98 | +2.16 |
2016 | -0.38 | 3.16 | -3.54 |
2017 | 1.40 | 0.44 | +0.96 |
2018 | 5.78 | 0.26 | +5.52 |
2019 | 4.36 | 4.24 | +0.12 |
2020 | 5.54 | 0.92 | +4.62 |
2021 | -2.34 | 4.06 | -6.40 |
2022 | 5.88 | 6.26 | -0.38 |
Tabelle 1: Vergleich Temperaturen 19.-23. mit 24-28. Dezember für Bern ab 2001
Es ergibt sich, dass es von 2001 bis 2022 neunmal an Weihnachten milder war als zuvor, dreizehnmal war es umgekehrt. Daraus ist kein Weihnachtstauwetter bzw. eine mildere Phase über Weihnachten nachweisbar, das Umgekehrte ist der Fall. Auf dasselbe Resultat kam auch MeteoSchweiz, die für den ganzen Dezember die durchschnittlichen Temperaturen zwischen 1991 und 2020 für den Zürichberg verglich, es konnte hier eine deutlich mildere Phase vor Weihnachten festgestellt werden. Insofern kann in den letzten drei Jahrzehnten in der Schweiz nicht von Weihnachtstauwetter gesprochen werden, sodass dieses zumindest hierzulande eher ein Mythos als Fakt ist. Weihnachtstauwetter im engeren Sinn heisst eigentlich auch, dass es vor Weihnachten frostig gewesen sein muss und Schnee gelegen hat, der dann über Weihnachten bei positiven Temperaturen schmolz, was in den letzten Jahrzehnten sowieso kaum je der Fall war, da es kaum je Schnee gab. Mehr dazu und zum Thema Weihnachtstauwetter sowie zur grossen Variabilität des Wetters an Weihnachten gibt es übrigens im letztjährigen Blog unter https://met.to/msk.
3. Update 16. Dezember: Vor Weihnachten sicher kein Schnee
Momentan ist weitgehend klar, dass vor Weihnachten im Flachland kein Schnee fällt, es ist schlicht bei teils starkem Südwest- bis Westwind zu mild. Spannender wird es an Weihnachten selber: Es gibt Wettermodelle, bei welchen die Schneefallgrenze im Laufe von Weihnachten in tiefe Lagen sinkt, bei anderen bleibt es aber zu mild. Noch besteht somit ein Fünkchen Hoffnung auf weisse Weihnachten. Sollte es allerdings am 26. Dezember im Laufe des Tages weiss werden, werden Weihnachten 2023 nicht als weisse Weihnachten gezählt, wenn bei der Morgenmessung um 7 Uhr kein Schnee liegt. MeteoNews bleibt auf jeden Fall dran und informiert an dieser Stelle weiter.
2. Update 13. Dezember: Chancen nur noch klein
Der Polarwirbel scheint vor und über Weihnachten sehr kompakt zu sein, sodass sich am Südrand eines skandinavischen Tiefs bei uns eine westliche Grundströmung einstellen dürfte, die für Schnee im Flachland grundsätzlich zu mild ist (vgl. Abb 1).
Abb. 1: Westlage am Südrand eines Tiefs über Skandinavien über dem Alpenraum am Freitag vor Weihnachten; Quelle: MeteoNews, UBIMET
So sind die Chancen für Schnee im Flachland und damit weissen Weihnachten recht gering geworden. Bald bleibt nur noch die Hoffnung...
1. Update 11. Dezember: Chancen für weisse Weihnachten etwas gesunken
Weisse Weihnacht auch dieses Jahr doch nur ein Traum? Noch geht es 2 Wochen bis Weihnachten, es bleibt so bei unverbindlichen Trends. Und diese sind gegen Ende letzter Woche deutlich schlechter geworden. Es scheint so, dass sich das gegen das Wochenende bildende Hoch zwar nächste Woche etwas auf den Atlantik zurückzieht, aber der Polarwirbel so stark ist, dass sich das Hoch nicht so weit nach Norden ausdehnen kann. Damit würde sich ein paar Tage vor Weihnachten in Mitteleuropa eher eine Nordwest- bis Westströmung statt eine Nordströmung einstellen. Das skandinavische Tief würde dann auch nicht so weit nach Mitteleuropa ausgreifen. Dies bedeutet, dass es nicht so kalt würde, dass Schnee bis ins Flachland fällt. Noch ist aber alles offen, wir bleiben dran.
"I'm dreaming of a white christmas"! Das vor allem von Bing Crosby aus den frühen 40-er Jahren bekannte amerikanische Weihnachtslied zeigt, dass es tief in uns verankert ist, dass zu richtigen Weihnachten einfach Schnee gehört (vgl. Abb. 1). So träumt auch der schreibende Meteorologe von in Kindeszeiten oft tief verschneiten Landschaften im Sarganserland sowie von knirschendem Schnee beim Weihnachtsspaziergang im vom Vater gezogenen Schlitten.
Abb. 1: Weisse Weihnachten wie im Bilderbuch - tempi passati?; Quelle: pixabay
In diesem Kontext ist es nicht erstaunlich, dass schon früh im Dezember oder sogar noch früher die Frage an uns Meteorologen gestellt wird, ob dieses Jahr Weihnachten grün oder weiss werden. Bis zur zweiten Dezemberdekade, wo erste scheue Trends möglich sind, müssen wir dabei die Statistik bemühen, um die Wahrscheinlichkeit von weissen Weihnachten anzugeben. Zuerst soll aber die Frage geklärt werden, wann man überhaupt von weissen Weihnachten spricht.
Definition von weissen Weihnachten
Von weissen Weihnachten sprechen wir dann, wenn entweder am 24., 25. oder 26. Dezember bei der jeweiligen offiziellen Schneemessung um 7 Uhr von MeteoSchweiz mindestens ein Zentimeter Schnee liegt. Natürlich kann es auch an zwei oder allen drei Tagen Schnee haben. Es reicht nicht, wenn der Schnee jeweils tagsüber kurzfristig ansetzt, zum Zeitpunkt der Messung aber wieder verschwunden ist.
Statistik: Seit 2001 im Flachland nur selten weisse Weihnachten
Zuerst nun also ein Blick zurück in die Vergangenheit. Dazu soll nachfolgend für ausgewählte Stationen die Statistik seit 2001 aufzeigen, wie gross grundsätzlich die Wahrscheinlichkeit für weisse Weihnachten ist, d.h. wie oft zwischen dem 24. und dem 26. Dezember mindestens einmal im Minimum ein Zentimeter Schnee verzeichnet werden konnte (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Weisse Weihnachten seit 2001; Quelle: MeteoNews
Man erkennt, dass es bei den betrachteten Stationen in St. Gallen seit 2001 bei Anwendung der oben erwähnten Definition am häufigsten weisse Weihnachten gab (insgesamt zwölfmal oder zu 55%), Chur weist 7 Jahre aus (32%), Bern und Zürich jeweils 6 Jahre (27%). In Lugano sind es 4 Jahre (18%), in Aarau und Basel jeweils 3 Jahre (14%), in Luzern und Genf jeweils 2 Jahre (9%, die Reihe von Luzern ist aber unvollständig). Die grösste Schneemenge konnte am 26.12.2001 mit 32 Zentimetern in St. Gallen sowie am 24.12.2011 mit 30 Zentimetern in Chur verzeichnet werden. Auffällig ist zudem, dass es in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts deutlich häufiger weisse Weihnachten gab als in der zweiten Dekade. Seit 2011 traten weisse Weihnachten nur noch sporadisch auf, wären also eigentlich wieder einmal überfällig. Ob die geringe Häufigkeit von weissen Weihnachten in den letzten Jahren dem Zufall oder der Klimaerwärmung geschuldet ist, kann infolge des zu kleinen betrachteten Zeitraums nicht abschliessend beantwortet werden. Zu vermuten ist aber, dass weisse Weihnachten im Flachland immer seltener werden, wenn in Zukunft die Durchschnittstemperaturen weiter steigen und damit die durchschnittliche Schneefallgrenze höher liegt als vorher. So gibt es durchaus Wetterlagen, bei denen es in der Vergangenheit noch knapp schneite und etwas Schnee ansetzte, es heute aber nur noch regnet oder nass schneit und der Schnee nicht mehr ansetzt.
Und dieses Jahr? Erhöhte Chancen?
Auch wenn es eigentlich noch zu weit ist, Trends für weisse Weihnachten anzugeben, ein kurzer Blick zur weiteren Entwicklung und der Versuch, die Wetterlage um Weihnachten zu antizipieren. Gesichert ist, dass es bis Mitte nächster Woche bei für die Jahreszeit hohen Temperaturen im Norden viel Niederschlag gibt, sodass der Schnee in tieferen Lagen vollständig schmilzt. Es muss also für weisse Weihnachten vor oder während Weihnachten neuen Schnee geben. Auch weitgehend klar ist, dass im Laufe der zweiten Hälfte der kommenden Woche im Einflussbereich eines kräftigen atlantischen Hochs eine meist trockene Phase folgt (vgl. Abb. 3).
Abb. 3: Hochdruckwetter am Südostrand eines kräftigen atlantischen Hochs am übernächsten Wochenende (europäisches Wettermodell ECMWF); Quelle: MeteoNews, UBIMET
Kurz vor Weihnachten wird es dann aber spannend: Das Hoch scheint sich mehr in den Atlantik zu verlagern und sich nach Norden auszudehnen, sodass sich Tiefs aus Norden bis Nordwesten mehr nach Mitteleuropa ausdehnen können (vgl. Abb. 4).
Abb. 4: Überdurchschnittlicher Druck über dem Atlantik bis Neufundland/Grönland in der Woche vor Weihnachten (europäisches Wettermodell ECWMF); Quelle: Europäisches Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage
Je nach Lage dieser Tiefs gibt es dann kurz vor oder während Weihnachten auch Optionen für Schnee bis ins Flachland, insbesondere ist auch eine Lage ähnlich der Schneelage gegen Ende letzter Woche nicht unmöglich. Die Chancen für weisse Weihnachten im nördlichen Flachland scheinen so momentan grösser als in den letzten Jahren zur selben Zeit. Auf jeden Fall dürfte es spannend werden! MeteoNews bleibt dran und aktualisiert diesen Blog laufend, wenn sich neue Erkenntnisse ergeben. Vielleicht sind ja weisse Weihnachten im Flachland dieses Jahr mehr als nur ein Traum! Es soll aber nochmals ausdrücklich betont werden: Vorgenannte Entwicklung ist nur eine Möglichkeit, die in den mittelfristigen Prognosen der Wettermodelle gehäuft vorkommt, Prognosen über mehr als etwa 7 bis 10 Tage sind mit allergrösster Vorsicht zu geniessen und können nur einen unverbindlichen und scheuen Trend angeben!