Vergangene Woche hat ein starker Tornado im Bundesstaat Mississippi zahlreiche Menschenleben gefordert und grosse Zerstörung in mehreren Kleinstädten angerichtet. Die Tornadosaison steht traditionellerweise Ende März aber erst in ihrem Startloch. Einiges deutet mittelfristig auf eine eher aktive Tornadofrühsaison hin. Bereits heute gibt es die nächsten Unwetter mit grossem Tornadopotential.
Tödlicher Tornado am vergangenen Freitag
Vor genau einer Woche ist ein starker Tornado von Louisiana nach Mississippi gezogen und hat auf seiner mehr als 150 Kilometer langen Zugbahn unter anderem die Kleinstädte Rolling Fork, Silver City und Winona getroffen. Mindestens 26 Menschen verloren dabei ihr Leben. Eine vorläufige Beurteilung des nationalen Wetterdienstes wertete jenen Tornado auf der Enhanced-Fujita-Skala als EF-4 (EF-0 bis EF-5, wobei EF-5 der höchsten Stufe entspricht), was Windspitzen von rund 300 km/h entspricht.

Abb. 1: Zugbahn des starken Tornados von vergangener Woche; Quelle: Collin Gross
Die durchschnittliche Tornadosaison
Grundsätzlich können in den USA in allem Monaten Tornados entstehen. Aufgrund des tieferen Temperaturniveaus und der geringeren Einstrahlung, aber auch wegen geringerem Feuchtegehalt der Atmosphäre und ihrer oftmals stabileren Schichtung sind Tornados in den Wintermonaten eher selten. Zwischen Dezember und Februar werden landesweit im Schnitt zwischen 80 und 100 Tornados gezählt. Dieser Wert steigt im Frühjahr markant an und erreicht im Frühsommer seinen Höchststand. Der Grund hierfür liegt in den konkurrierenden Luftmassen, welche durch den Jetstream getrennt sind. Auf seiner Südseite strömen warme und feuchte Luftmassen vom Golf von Mexiko nach Norden, auf der Nordseite befindet sich kalte und meist trockene Luft mit arktischem Ursprung. Treffen diese beiden Luftmassen aufeinander, schiebt sich die kalte und dichtere Luft unter die warme Golfluft. Durch die Hebung kommt es zu Kondensation und damit zur Bildung von Wolken und später auch Gewitterzellen. Da diese Luftströmungen aus unterschiedlichen Richtungen kommen, führt dies beim Aufeinandertreffen zu einer Richtungsänderung des Windes mit der Höhe – die Grundlage für sogenannte Superzellengewitter ist geschaffen. In rund 30 % der Fälle produziert eine Superzelle in der Folge auch Tornados. Dieser Prozess wird in nachfolgender Grafik gut illustriert. Weitere Informationen zu der Entstehung von Tornados gibt es unter anderem in diesem Blog.

Abb. 2: Typische Setup für Tornados; Quelle: Dan Craggs
Die eigentliche Tornadosaison umfasst die Monate April bis Juli, wobei je nach Monat Regionen unterschiedlich stark betroffen sind. Normalerweise bilden sich zunächst in der etwas weniger bekannteren Dixie-Alley die ersten Tornados. Diese Region umfasst grob gesagt die östlich von Texas gelegenen Golfstaaten, also von Louisiana bis Georgia. Von Mai bis Juli verlagert sich der Schwerpunkt immer mehr in den Mittleren Westen. Von Texas bis Norddakota und nach Osten bis Illinois. Diese Region ist hinlänglich als Tornado-Alley bekannt. Durchschnittlich formen sich in den USA jedes Jahr rund 1200 Tornados, die Hälfte davon in den Monaten Mai bis Juni.

Abb. 3: Tornadohäufigkeit nach Monaten; Quelle: NOAA
Nächster Outbreak bevorstehend
Für heute sieht das Storm Prediction Center des Nationalen Wetterdienstes ein erhöhtes Unwetterpotential für rund 70 Millionen Einwohner. Besonders im Fokus steht einerseits die Grenzregion zwischen Iowa, Missouri und Illinois, andererseits werden auch für die Region vom westlichen Arkansas bis Tennessee starke Unwetter erwartet. Es ist mit stürmischen Winden und mehreren Tornados zu rechnen, wobei manche davon stark und langlebig sein werden.

Abb. 4: Heutige Tornadogefahr; Quelle: NOAA
Eine ähnliche Wetterkonstellation, wie wir sie heute haben, hat im Dezember 2021 in jener Region zu einem Tornadoausbruch geführt. Alleine der Mayfield-Tornado hat damals mehr als 50 Menschen das Leben gekostet und über 500 weitere verletzt. Über einen Zeitraum von zwei Tagen bildeten sich damals gesamthaft 71 Tornados.
Aktive Frühsaison
Wie offizielle Zahlen zeigen, gab es in diesem Jahr bis zum 29. März bereits 310 Tornado reports und damit rund 100 mehr als im Normalfall. Der Januar von diesem Jahr zählt nebst jenen aus den Jahren 1999 und 2017 zu einem der Top-3 seit detailliertem Aufzeichnungsbeginn im Jahr 1950. Auch der Februar wurde nur von wenigen Jahren (1999, 2008 und 2017) getoppt.

Abb. 5: Anzahl Tornadoreports des bisherigen Jahres im Vergleich zu den Vorjahren; Quelle: NOAA
Weiter hohe Tornadoaktivität
Gemäss Mittelfristprognosen wird sich an der hohen Tornadoaktivität in nächster Zeit nichts ändern. Nordamerika befindet sich derzeit in einem Muster, bei welchem in regelmässigen Abständen sogenannte high amplitude storm systems vom Pazifik über den gesamten Kontinent ziehen und so das Unwetterrisiko jeweils ansteigen lassen. Gemäss Experten ist ein solches Muster nur alle rund zehn Jahren zu beobachten. Es überrascht daher nicht, dass für den kommenden Dienstag bereits die nächste grosse Unwettergefahr in der ähnlichen Region prognostiziert wird.