Anfang des Jahres liessen die Prognose für ENSO (El Niño Southern Oscillation) ein sich allmählich abschwächendes La Niña Ereignis erwarten. Nun aber sieht es danach aus, dass uns die kalte Schwester von El Niño doch noch etwas länger begleiten wird. Das hätte dann unter anderem auch Einfluss auf die bald startende atlantische Hurrikansaison 2022.
ENSO, die El Niño Southern Oscillation
Die ENSO ist ein zyklischer Wechsel zwischen zwei Extremzuständen von Strömungsverhältnissen und Wassertemperaturen im tropischen Pazifik. Sie gliedert sich in drei Phasen. Die bekannteste ist El Niño (der Knabe, oder auch "das Christkind"), das komplette Gegenstück bildet La Niña (das Mädchen). Dazwischen liegt die sogenannte neutrale Phase. Bei La Niña ist das Oberflächenwasser im Ostpazifik sowie entlang des Äquators kälter als normal, im Westpazifik dagegen überdurchschnittlich warm. Typische Folgen sind vermehrte Tropenstürme und Überschwemmungen in Südostasien und in Australien, letzteres machte in den letzte Wochen immer wieder Schlagzeilen. Aber auch eine Korrelation mit der Hurrikansaison im Atlantik ist inzwischen gut belegt.
Seit dem Sommer 2020 dauert La Niña nun schon an. Zu Beginn dieses Jahres standen die Zeichen auf Abschwächung im Laufe des Frühlings und zu Beginn des Sommers, der Übergang in eine neutrale Phase schien wahrscheinlich. In den letzten Woche mussten diese Prognosen aber adaptiert werden, nach wie vor ist La Niña gut etabliert. Aktuell sieht es danach aus, dass dieses Ereignis mit einer Wahrscheinlichkeit von 59 % noch bis in den Sommer hinein anhalten wird, erst im Laufe des Herbsts scheinen die Temperaturverhältnisse des äquatorialen Pazifiks in Richtung des neutralen Zustands zu tendieren.

Abb. 1: Temperaturanomalie des Oberflächenwassers, La Niña im Pazifik (Quelle: NOAA)
Atlantische Hurrikansaison 2022
Am 1. Juni beginnt offiziell die atlantische Hurrikansaison 2022, sie dauert bis zum 30. November. Dies ist aber nur die Defintion, beispielsweise in der Saison 2021 bildet sich der erste Sturm (Tropensturm Ana) schon am 22. Mai nordöstlich der Bermudas. Im Rekordjahr 2020 entstand Tropensturm Arthur sogar schon am 12. Mai. In der Folge beginnt das National Hurricane Center inzwischen auch schon im Mai mit der routinemässigen Überwachung. Die ENSO Phasen haben auch Auswirkung auf die Bildung tropischer Wirbelstürme im Atlantikbecken, während La Niña sind die Voraussetzung meist gut (geringe Windscherung). Vor diesem Hintergrund ist eine aktive Saison mit mehr Stürmen als im langjährigen Durchschnitt zu erwarten. Verstärkend wirkt zudem, dass das Oberflächenwasser in der Karibik aktuell schon deutlich wärmer als üblich ist.
Das Hurrikan-Vorhersageteam der Colorado State University geht aktuell von 19 benannten Stürmen und 9 Hurrikans in diesem Jahr aus. 4 dieser Hurrikans sollen Kategorie 3 oder höher erreichen (major hurricans). Mit 30 benannten Stürmen stammt der Rekord aus dem 2020, im letzten Jahr waren es 21. 2022 wäre das dritte hyperaktive Jahr in Folge! Allerdings sind solche Prognosen im Frühling noch mit erheblichen Unsicherheiten verbunden, denn auch die Temperaturschaukel im Pazifik hält sich nicht immer an den Fahrplan.
Hier nun die Sturmnamen für die kommende Saison. Der eine oder andere davon wird in den kommenden Monaten sicher wieder in unseren Schlagzeilen auftauchen:
- Alex
- Bonnie
- Colin
- Danielle
- Earl
- Fiona
- Gaston
- Hermine
- Ian
- Julia
- Karl
- Lisa
- Martin
- Nicole
- Owen
- Paula
- Richard
- Shary
- Tobias
- Virginie
- Walter