Neben dem bereits am 1. März erfolgten meteorologischen Frühling und dem am 20. März beginnenden astronomischen oder kalendarischen Frühling, gibt es auch einen sogenannten phänologischen Frühling, der sich am Entwicklungszustand von Pflanzen und Tieren orientiert. Der phänologische Frühling wird dabei unterteilt in Vorfrühling, Erstfrühling und Vollfrühling. Die Phänologie ist insbesondere auch ein wichtiger Indikator des aktuellen Klimawandels.
Meteorologischer, kalendarischer und phänologischer Frühling
Der Beginn des Frühlings wird auf unterschiedliche Weise festgelegt. Bereits hinter uns haben wir den meteorologischen Frühlingsbeginn, der aus statistischen Gründen immer auf den 1. März fällt. Zudem folgt bald, nämlich am 20. März um exakt 16:33 Uhr, der astronomische oder kalendarische Frühlingsbeginn, an dem die Sonne senkrecht über dem Äquator steht und somit Tag und Nacht gleich lang sind. Daneben gibt es aber auch noch einen kalenderunabhängigen Frühling, den sogenannten phänologischen Frühling. Dieser soll nachfolgend genauer erläutert werden.
Was versteht man unter Phänologie?
Der Begriff Phänologie stammt aus dem Griechischen und bedeutet die Lehre der Erscheinungen. Damit sind die periodisch wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen von Pflanzen und Tieren gemeint. Meistens stehen Pflanzen im Mittelpunkt der phänologischen Beobachtungen, so auch bei den nachfolgenden Ausführungen.
Bei der Phänologie werden die Eintrittszeiten charakteristischer Erscheinungen, bei Pflanzen die charakteristischen Wachstumsstufen, beobachtet und in einem phänologischen Kalender festgehalten. Dazu gehören zum Beispiel der Beginn der Blüte oder der Blattentfaltung, die Reifung der Früchte oder die Blattverfärbung und der Blattfall. Der phänologische Kalender unterteilt das Jahr in insgesamt 10 Jahreszeiten und orientiert sich an charakteristischen Entwicklungsstadien typischer Pflanzen (phänologische Zeigerpflanzen, siehe untenstehende Grafik) und ist vor allem für die Landwirtschaft, die Klimaforschung und das Pollenbulletin von Bedeutung. Jede Jahreszeit beginnt nicht an einem festen Tag im Jahr, sondern bei Beginn der neuen Entwicklung einer Zeigerpflanze. Somit gibt es Unterscheide in Beginn und Dauer der Jahreszeit abhängig von Region zu Region und von Jahr zu Jahr.
Abb. 1: Der phänologische Kalender der Schweiz mit total 10 Jahreszeiten
Das phänologische Beobachtungsnetz der Schweiz
Das phänologische Beobachtungsnetz wird von MeteoSchweiz betrieben und umfasst 160 Stationen. 26 verschiedene Pflanzenarten werden beobachtet, um die Vegetationsentwicklung zu beschreiben. In der Schweiz existiert das phänologische Beobachtungsnetz seit 1951.
Die drei Phasen des phänologischen Frühlings: Vorfrühling, Erstfrühling und Vollfrühling
Der Frühling wird in der Phänologie in drei Phasen unterteilt, den Vorfrühling, Erstfrühling und Vollfrühling. Der Zeitpunkt kann dabei nicht nur von Jahr zu Jahr stark schwanken, er unterscheidet sich auch innerhalb eines Jahres in den verschiedenen Regionen. In der Südschweiz blühen so die Pflanzen in aller Regel einige Tage früher als der Nordschweiz und in höher gelegenen Gebieten.
Vorfrühling: Der Vorfrühling beginnt meist im Februar mit der Blüte von Schneeglöckchen, Haseln und Krokusse. Dieses Jahr hat der Vorfrühling in der Nordschweiz vielerorts in der ersten Februarhälfte begonnen und neigt sich nun bereits langsam dem Ende zu.
Abb. 2: Ende des Vorfrühlings: Verwelkende Schneeglöckchen (Bild vom Sarganserland)
Erstfrühling: Wird durch den Beginn der Blüte der Forsythien und Tulpen angezeigt, die normalerweise gegen Ende März erfolgt. In diesem Jahr steht die Blüte der Forsythien und Tulpen in der Nordschweiz vielerorts kurz bevor. So wäre aktuell mit der beginnenden Forsythienblüte der optimale Zeitpunkt, um die Rosen zu schneiden.
Abb. 3: Aktuell beginnender Erstfrühling: Forsythienblüte (Bild vom Sarganserland)
Vollfrühling: Zu Beginn des Vollfrühlings beginnen die Apfelbäume und Flieder zu blühen. Normalerweise ist dies Ende April/Anfang Mai der Fall.
Abb. 4: Der Vollfrühling steht noch bevor: Flieder mit beginnender Blattentfaltung (Bild vom Sarganserland)
Phänologie und Klimaforschung
Als Folge der Temperaturzunahme entwickelt sich die Vegetation im Frühling und Sommer heute deutlich früher als vor einigen Jahrzehnten. Die Pflanzen sind deshalb sehr gute Indikatoren für die Auswirkung des globalen Temperaturanstiegs. Der Frühlingsindex zeigt dabei den von MeteoSchweiz ermittelten Zeitpunkt der Vegetationsentwicklung im Frühling im Vergleich zum langjährigen Mittel 1991-2020. Der jährlich ermittelte Index fasst die phänologischen Frühlingsphasen zusammen, von der Blüte der Hasel bis zur Blattentfaltung der Buche. Die nachfolgende Grafik zeigt den Frühlingsindex in der Schweiz von 1954 bis 2021.
Abb. 5: Frühlingsindex als Abweichung in Tagen vom Mittel der Periode 1991-2020
Die Grafik zeigt dunkelgrün die Jahre mit späterer, hellgrün die Jahre mit früherer Vegetationsentwicklung. Man erkennt, dass der Frühling in den letzten drei Jahrzehnten durchschnittlich deutlich früher begonnen hat als zu früheren Jahrzehnten. Die Verschiebung macht dabei etwa fünf bis zehn Tage aus. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch Studien in Deutschland. Dies hat zur Folge, dass Landwirte heute ihre Felder früher bestellen und die Ernte früher einholen als zu früheren Zeiten. Der phänologische Kalender hat damit insbesondere für die Landwirtschaft und den Gartenbau, aber auch für die Imker und Hobbygärtner eine grössere Bedeutung als der eigentliche Kalender, da es hier ja gilt, die Aktivitäten auf den Entwicklungszustand der Pflanzen abzustimmen.