Zwischen dem 4. und 20. Juni (Maximum der Häufigkeit um den 11. Juni) ist in Mitteleuropa und im Alpenraum die Zeit der Schafskälte. Was hat es aber damit auf sich und tritt sie dieses Jahr auf?
Schafskältezeit hat begonnen
Gegen Mitte Juni tritt in Mitteleuropa und damit auch in der Schweiz relativ häufig ein Kälterückfall mit überdurchschnittlicher Niederschlagsintensität auf, der als Schafskälte bezeichnet wird. Der Zeitraum des Eintreffens erstreckt sich dabei zwischen etwa dem 4. Juni und dem 20. Juni. Bei einer gut ausgeprägten Schafskälte liegen die Temperaturen im Vergleich zum langjährigen Mittel etwa 4 Grad niedriger. Eine Wahrscheinlichkeit für das Eintreffen anzugeben, ist schwierig, da keine genaue Definition besteht, wie stark die Temperaturen sinken müssen, damit man von Schafskälte sprechen kann. Je nach Definition und angewandten Kriterien tritt die Schafskälte bei uns etwa zu 60 bis 90% ein.
Meteorologische Singularität
Die Schafskälte ist eine sogenannte meteorologische Singularität, wie beispielsweise auch die Eisheiligen, die Hundstage, der Altweiber- und Martinisommer sowie das Weihnachtstauwetter. Unter einer meteorologischen Singularität versteht man dabei Wetterlagen, die zu bestimmten Zeitabschnitten im Jahr mit hoher Wahrscheinlichkeit auftreten.
Namensgebung
Ihren Namen verdankt die Schafskälte tatsächlich den Schafen. Gewöhnlich erfolgt nämlich in diesem Zeitraum die Schur, ein Kälteeinbruch während der Schafskältezeit kann dabei im Zusammenhang mit der gleichzeitigen Alpsömmerung durchaus bedrohlich werden, da es auch bis deutlich unter 2000 Meter schneien kann. Die Muttertiere und ihre Lämmer werden daher meist erst nach Mitte Juni geschoren (vgl. Abb. 1).
Abb. 1: Oft wird mir der Schafschur zugewartet, bis die Schafskältezeit vorbei ist; Quelle: pixabay
Warum Schafskälte?
Im Zeitraum der Schafskälte bildet sich häufig ein Hochdruckgebiet über den Britischen Inseln und ein Tiefdruckgebiet über dem südlichen Skandinavien. Zwischen den beiden Druckgebilden strömt die Luft dann mit einer Nord- bis Nordwestströmung nach Mitteleuropa. Dass diese Lage der Druckgebilde im genannten Zeitraum gehäuft auftritt, hängt damit zusammen, dass sich Land- und Wassermassen im Frühjahr unterschiedlich stark erwärmen. Der europäische Kontinent erwärmt sich stärker als der Nordatlantik, dies fördert die Ausbildung der erwähnten Wetterkonstellation. Im Sommer gleichen sich die Temperaturen der Land- und Wassermassen dann immer weiter an, womit die Kaltlufteinbrüche immer geringere Ausmasse annehmen.
Und dieses Jahr?
Ein Hochdruckgebiet in der Nähe der Britischen Inseln ist momentan tatsächlich vorhanden (siehe Blog von vorgestern), was aber fehlt, ist ein Tief über Südskandinavien. Im Gegenteil: Das aktuelle Hoch verlagert sich bis zum Wochenende nach Skandinavien und dürfte dort über längere Zeit bleiben, sodass keine Nordströmung über Mitteleuropa entstehen kann (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Am Wochenende installiert sich ein Hoch über Skandinavien, ein Kälteeinbruch in Mitteleuropa ist so nicht möglich; Quelle: Europäisches Wettermodell ECMWF
Tiefer Luftdruck herrscht demgegenüber im Raum Azoren, woran sich in den kommenden Tagen kaum etwas ändert. So ist denn auch über die ganze Zeit der Schafskälte in Mitteleuropa und damit auch in der Schweiz nicht mit einem markanten Kälteeinbruch zu rechnen, die Schafskälte dürfte damit dieses Jahr ausfallen.
Schafskälte und Klimawandel
Im letzten Jahrhundert trat die Schafskälte mit hoher Regelmässigkeit auf, in den letzten rund 30 Jahren nahm die Häufigkeit durch die Klimaerwärmung aber nachweisbar ab. Dafür stieg die Wahrscheinlichkeit für erste Hitzewellen an.