In der vergangenen Woche war es in Nordamerika nicht nur weitestgehend deutlich zu kalt, rund um die Grossen Seen gab es auch extreme Neuschneesummen. Die durch den See-Effekt hervorgerufenen Schneefälle stellten neue Rekorde auf.
Bilanz der extremen Schneefälle
Die durch den See-Effekt hervorgerufenen und extremen Schneefälle rund um die Grossen Seen sind nun grösstenteils vorüber. Die gefallenen Schneemengen sind äusserst beeindruckend. Am meisten Schnee fiel in Orchard Park, südlich der Grossstadt Buffalo. Die über den gesamten Zeitraum sammelten sich unglaubliche 195 cm Schnee an, 168 cm innert nur 24 Stunden – ein neuer Rekord für den US-Bundesstaat New York. Bisheriger Rekordhalter war Camden und Oswego mit 127 cm Neuschnee innerhalb eines Tages (31. Januar 1966). Der nationale Wetterdienst muss diesen Rekord aber erst noch bestätigen. Für den landesweiten 24-Stundenrekord wird es allerdings nicht reichen, dieser liegt weiterhin bei 193 cm in Silver Lake, Colorado und datiert vom 14. April 1921 (innerhalb von 27.5 Stunden gab es dort damals sogar 221 cm Schnee!).
Abb. 1: Schneeschippen in Orchard Park (Quelle: WYRK)
Abgesehen von Orchard Park gab es auch in anderen Städten und Orten beeindruckende Schneesummen. Die 187 cm Schnee in Northern Hamburg entsprechen genauso einem neuen Stationsrekord, wie auch die 165 cm in Blasdell, 148 cm in Elma, 124 cm in West Seneca, 122 cm in Marilla, ...
Betrachtet man sich diese enormen Schneemengen, so reiht sich dieser durch den See-Effekt hervorgerufenen Schneesturm unter die extremsten Schneefallereignisse von New York. Ähnliche Stürme gab es zuvor nur in den Jahren 1945, 1966 und 2014.
Extreme Schneemassen
Rund um Buffalo und Hamburg, am Ostufer des Lake Erie, liegen mittlerweile gewaltige Schneemassen von bis zu 145 cm. Diese Menge hat der Meteorologen Mark Margavage aus Hamburg im Bundesstaat New York gemessen. Das Video hat der Meteorologe auf Twitter geteilt (@MeteoMark). So sah es am späten Freitagabend vor seinem Haus aus.
Abb. 1: Der Meteorologe Mark Margavage (@MeteoMark / Twitter) hat am späten Freitagabend in seinem Garten in Hamburg (USA) 145 cm Neuschnee gemessen.
Bis zum Abklingen des Schneefalls heute Mittag werden nochmals 10 bis 30 cm dazukommen. Nachfolgend ein paar Impressionen von Freitagnachmittag zu diesem zwar lokal begrenzten, aber extrem eindrücklichen Starkschneefallereignis.
Abb. 2: Gewaltige Schneemengen in Buffalo USA (Bild: @BuffaloWeather/Twitter)
Abb. 3: Der Anblick bietet sich am Ostufer des Eriesee den Anwohnern, wenn Sie das Garagentor öffnen.
Abb. 4: Zu Fuss kommt man in den Schneemassen noch am besten voran. (Bild: @BuffaloWeather / Twitter)
Abb. 5: Mit dem Auto kommt man in dieser Region aktuell nicht weit. (Bild: @BuffaloWeather/Twitter)
Weitere heftige Schneefälle
Am Ostufer des Lake Erie schneit es seit Donnerstag kräftig. Zwischen Buffalo und Hamburg sind lokal schon bis zu 100 cm Schnee gefallen. Nachfolgende ein paar Bilder aus der Region.
Abb. 1: Bis zu 1 Meter Neuschnee sind in 24 Stunden gefallen (Bild: BuffaloWeather/Twitter)
Abb. 2: In nur 6 Stunden hat es südlich der Stadt Buffalo rund 50 cm Schnee gegeben. Bild: BuffaloWeather/Twitter
Den Lake-Effect haben wir weiter unten im Liveticker erklärt. Auf den Satellitenbildern ist eindrücklich zu sehen, wie sich über dem Eriesee ein Wolkenband formiert hat. Wie auf einem Förderband werden diese Schneefronten ans östliche Seeufer getragen und führen dort zu den gigantischen Schneemassen. Durch die hohe Labilität in der Atmosphäre werden die Schneefälle auch begleitet von Blitz und Donner.
Abb. 3: Auf dem Satellitenbild ist das Wolkenband über dem Lake Erie gut zu erkennen, welches die heftigen Schneefälle bringt. Ebenfalls zu erkennen sind auch Blitzentladungen in der Region um Buffalo. Bild: NOAA
Bis Samstagmittag schneit es in dieser Gegend teils noch anhaltend und kräftig weiter. Rund 50 cm Neuschnee sind nochmals zu erwarten. In Summe ergibt das dann rund 150 cm. Am Sonntag wird es recht sonnig, es bleibt aber frostig kalt. Das wird der Moment für faszinierende Winterimpressionen sein!
Abb. 4: Wetterprognose für Buffalo: Am Samstag lassen die Schneefälle nach.
Bis zu 150 cm Neuschnee
Die Schneefälle rund um die grossen Seen dauern an, zumindest dort wo der Wind die feuchte Luft von den Seen an Land trägt. Am extremsten ausgeprägt ist der Lake-Effect am Ostufer des Lake Erie. Hier gehen die neuesten Prognosen lokal von 150 cm Neuschnee aus. Auch am Ostufer des Lake Ontario sorgt der Lake-Effect für heftige und andauernde Schneefälle. Zwischen Kingston und Watertown fallen lokal auch über 100 cm Schnee.
Abb. 1: Der NWS hat die Neuschneeprognose noch oben korrigiert. Südlich von Buffalo werden demnach bis 60 Inches, also umgerechnet bis 150 cm Neuschnee erwartet.
Südlich der Stadt Buffalo liegen jetzt teilweise bereits erhebliche Schneemengen, wie das nachfolgende Bild zeigt. Schätzungsweise 40 cm sind hier in den letzten 24 Stunden gefallen. Rund 100 cm werden bis Samstag dazu kommen.
Abb. 2: Am Ostufer des Lake Erie sind in den letzten 24 Stunden teilweise schon bis zu 40 cm Neuschnee gefallen (Bild: BuffaloWeather @weather_buffalo / Twitter)
Die heftigen Schneefälle bringen den Verkehr teilweise zum Erliegen und die Räumungsteams an die Kapazitätsgrenzen.
Abb. 3: Die kräftigen Schneefälle sorgen für ein Verkehschaos (Bild: John Anderson @23Johnanderson / Twitter)
Starkschneefall hat eingesetzt
Die polare Kaltluft aus Kanada dringt nach Süden in die USA vor und sorgt für einen massiven Wintereinbruch oder eben auch Winterstorm. Rund um die grossen Seen haben wie erwartet heftige Schneefälle eingesetzt. Die ersten Bilder der starken Schneefälle sind beispielsweise auf Twitter zu finden. Bis Samstag fällt beispielsweise am Ostufer des Lake Erie mit dem Lake-Effect lokal über 1 Meter Neuschnee (siehe Update weiter unten).
Abb. 1: Die Chicago & Midwest Storm Chasers (Twitter @ChicagoMWeather) sind in Dunkirk unterwegs. Aktuell ist die Schneedecke hier noch dünn, bis Samstag gibt es knapp 50 cm Neuschnee.
Abb. 2: Durch die heftigen Schneefälle muss mit massiven Verkehrsbehinderungen gerechnet werden (Bildquelle Twitter: @rhallockk)
Etwas früher eingesetzt haben die Schneefälle am Lake Huron (Huronsee). Hier liegen bereits einige Zentimeter Schnee, wie das Bild aus Bayfield im Südosten des Lake Huron zeigt (Quelle: https://twitter.com/erincarrolledit).
Abb. 3: Winterstorm in Bayfield am Südostufer des Lake Huron (Quelle Twitter: @erincarrolledit)
Mit Lake-Effect lokal über 1 Meter Schnee
Insbesondere der mittlere Westen und der Osten der USA wird aktuell von kalter Luft aus Kanada geflutet. Besonders betroffen vom markanten Wintereinbruch ist dabei die Region um die grossen Seen. Mit dem sogenannten Lake Effect nimmt die kalte Luft beim überströmen der grossen Wasseroberflächen (Wassertemperatur aktuell rund 10 Grad) zusätzliche Feuchtigkeit auf, was direkt an den Küsten zu kräftigen Niederschlägen führt. In diesem Falle bei der eisigen Luftmasse aus dem Norden zu Schneefällen. Die Gebiete, in denen grosse Neuschneemengen fallen, sind zwar regional stark eingeschränkt, aber die erwarteten Neuschneesummen sind beachtlich. Beispielsweise am Ostufer des Lake Erie (Eriesee) wird örtlich bis über 1 Meter Neuschnee erwartet. Die Karte des National Weather Service zeigt zwischen Dunkirk und Buffalo 36 bis 48 Inches Neuschnee, umgerechnet sind dies zwischen 90 und 120 cm. Einzelne Modelle berechnen lokal sogar bis zu 150 cm Neuschnee.
Abb. 1: Schneeprognose des NWS
Davon betroffen ist zum Beispiel auch die Stadt Buffalo. Bis Samstag muss in den betroffenen Regionen mit massiven Verkehrsbehinderungen gerechnet werden. Auch die grosse Schneelast kann ein Problem werden.
Abb. 2: Wetterprognose für Buffalo
Bisheriger Verlauf
Damit wir die derzeitige Kältewelle in Nordamerika besser einordnen können, werfen wir einen Blick zurück und erläutern deren Entstehung und Ausbreitung. Bereits am 8. November war es im Westen Kanadas äusserst kalt, so wurden in den beiden Städten Edmonton und Saskatoon beinahe –30 Grad registriert. Nur an drei anderen Tagen wurden in der ersten Novemberdekade jemals noch tiefere Temperaturen gemessen. Im Osten des Landes hingegen war es zu jenem Zeitpunkt noch ausserordentlich warm. So gab es gleichentags in Collingwood (Bundesstaat Ontario) mit 24.2 Grad beinahe einen neuen Maximumrekord für Anfang November, auch in den USA war es vielerorts überdurchschnittlich temperiert. Mit einer ausgeprägten Kaltfront wurden in den folgenden Tagen die kalten Luftmassen weiter nach Süden transportiert. Da sich gleichzeitig ein kräftiges Hochdruckgebiet über der US-Ostküste befand wurden die warmen Luftmassen nicht nur nach Südosten verdrängt, sondern strömten mit einer südwestlichen Höhenströmung auch Richtung Grosse Seen. In Michigan (Rogers City, 26 Grad), Illinois (Hamletsburg, 28.5 Grad) und Wisconsin (Milwaukee und Janesville, jeweils 25 Grad) wurden am 9./10. November dabei sogar neue Novemberrekorde aufgestellt. Bis am 12. November war mit wenigen Ausnahmen die gesamte Westhälfte des Kontinents teils deutlich zu kalt, während sich im Osten die warmen Luftmassen weiterhin halten konnten. Die extremen Temperaturkontraste hatten sich also weiter verschoben. Die Spanne reichte in den USA an diesem Tag von –31 Grad in Mackay (Idaho) bis 35 Grad im texanischen Rio Grande.
Abb. 1: Abweichungen der Temperaturen zur Norm, 12. November 2022 (Quelle: tropicaltidbits.com)
Der Grund für diese ausgeprägte und in Schüben kommende Kältewelle liegt in den oberen Schichten der Atmosphäre. Der polare Vortex ist derzeit nämlich nicht stark ausgeprägt, der Jetstream neigt daher zu einem mäandrierenden Muster (ausgeprägte Tröge und Rücken nach Norden und Süden) und weniger zu einem zonalen Fliessen (von West nach Ost). Die kalte Polarluft gelangt mit solchen Trögen weit nach Süden, im Vorfeld derer wird die warme und teils tropische Luft nach Norden befördert.
Auch in den kommenden Tagen geht es ähnlich weiter. Nachfolgend das prognostizierte Windfeld in der Höhe für nächsten Samstag. Der Trog (U-förmiges Muster) hat sich etwas weiter nach Osten bewegt, reicht aber weiterhin weit nach Süden und ist gut ausgeprägt.
Abb. 2: Windfeld auf rund 10 Kilometer Höhe am kommenden Samstag (Quelle: tropicaltidbits.com)
Dies schlägt sich auch in den Temperaturen nieder. Selbst im Sunshine-State Florida liegen negative Minimas in Reichweite. Ansonsten werden die Tageshöchstwerte verbreitet auf –5 bis 10 Grad steigen und damit grossfläching 10 Grad oder noch mehr unter der Norm sein.
Abb. 3: Temperaturabweichungen zur Norm für kommenden Samstag (Quelle: tropicaltidbits.com)
Vor allem im Nordosten viel Schnee
Die Kältewelle bringt aber nicht nur unterdurchschnittliche Temperaturen, besonders im Nordosten der USA lässt sich der Winter ein erstes Mal blicken. Verstärkt durch den sogenannten Seeeffekt fallen die grössten Schneesummen jeweils auf der Westseite der Grossen Seen. Dabei strömt kalte Luft von West nach Ost über die noch warmen Seeoberflächen und nimmt dabei viel Feuchtigkeit auf. Über dem Land fällt diese in Form von Schnee zurück auf den Boden. Die dunkelblauen Farbtöne zeigen Orte mit erwarteten Schneehöhen von rund 5 cm, Grün repräsentiert 20-40 cm Neuschnee und Gelb/Orange mehr als einen halben Meter.
Abb. 4: Prognostizierte Neuschneemengen in den kommenden 5 Tagen gemäss europäischem Modell (Quelle: Windy.com)