Ausbleibende Niederschläge und rekordhohe Temperaturen sorgen in weiten Teilen von Europa für grosse Waldbrände. Besonders betroffen davon sind die Mittelmeerländer, aber auch in Südosteuropa waren die Brände zum Teil noch nie so verheerend. Sowieso, das aktuelle Jahr könnte zum schlimmsten Waldbrandjahr werden, der Rekord von 2017 steht gewaltig auf der Kippe...
Einleitung
Die unterdurchschnittlichen Niederschläge in weiten Teilen des europäischen Festlandes zusammen mit den wiederholten Hitzewellen sorgen für ausserordentlich trockene Böden und daher für eine erhöhte Waldbrandgefahr. Besonders betroffen ist der Mittelmeerraum, aber auch in Südosteuropa wüteten die Waldbrände in einem verheerendem Ausmass. Das laufende Jahr jagt den traurigen Rekord aus dem Jahr 2017, in welchem in Europa knapp 1 Mio. Hektar Wald-, Acker- oder Grasland verwüstet wurden. Dies entspricht der kombinierten Fläche von Graubünden und Tessin. Nachfolgend wollen wir einen Blick auf das laufende Jahr werfen und die Waldbrandenwicklungen der einzelnen Länder etwas vertiefter betrachten.
Abb. 1: Waldbrand in Spanien
Überblick des laufenden Jahres
Begonnen hat die Waldbrandsaison nicht erst im Sommer, bereits Mitte März haben grosse Flächen in Mittel- und Südosteuropa gebrannt. Der Schwerpunkt der Brände lag damals vor allem in Rumänien und Teilen von Kroatien. Alleine in der Woche bis zum 26. März brannten in Rumänien mehr als 60'000 ha Wald- und Landwirtschaftsfläche, also rund Dreiviertel der üblichen Jahresbrandfläche. Auch Kroatien erlebte eine besonders aktive Frühsaison. Bei mehr als 120 Brandherden gingen bis Anfang April etwa 30'000 ha Land verloren. Wobei schätzungsweise die Hälfte davon Wald war, die andere Hälfte verteilte sich auf Landwirtschaftsflächen und Grasland. Gemäss Brandklimatologie gibt es in Kroatien aufgrund der Niederschlagsverteilung zwei Peaks der Brände. Einmal im März und dann im Spätsommer und Frühherbst. Letztere Zeit steht also zu grossen Teilen noch bevor, und bereits jetzt erlebt Kroatien ein Rekordjahr. Ein ähnliches Bild ergibt sich auch für Slowenien, die Slowakei und Bulgarien. In all jenen Ländern wird das laufende Jahr als bisheriges Rekordjahr in die Statistiken eingehen.
Zwischen Anfang April und Ende Mai gab es in den meisten Ländern eine willkommene Verschnaufpause. Innerhalb dieser Zeitspanne registrierte EFFIS, das European Forest Fire Information System der EU, europaweit bei rund 100 neuen Brandherden eine zusätzlich verbrannte Fläche von "nur" 30'000 ha. Die Gesamtfläche erhöhte sich in dieser Zeit von 220'000 ha auf 250'000 ha. In den folgenden Wochen stieg mit einer wachsenden Anzahl Brandherde auch die verbrannten Flächen kontinuierlich an. Die grössten Waldbrände wüteten zunächst in Spanien. In der zweiten Juniwoche verbrannten in dem Land auf der Iberischen Halbinsel knapp 40'000 ha Wald- und Ackerfläche. Nach einem kurzen Rückgang der Brände auf Ende jenes Monats explodierten die Waldbrände im Juli richtiggehend. Der Höhepunkt wurde dabei in der Woche bis zum 23. Juli erreicht, als eine Fläche so gross wie der Kanton Aargau verloren ging. Besonders betroffen war die Provinz Zamora. Aktuell sind die Waldbrände vielerorts unter Kontrolle, die momentane Ausdehnung übersteigt aber nach wie vor die für die Jahreszeit übliche Norm. Total brannten im laufenden Jahr in Summe bereits knapp 250'000 ha Fläche – ein neuer (trauriger) Landesrekord. Seit den 2000er waren bisher die Jahre 2003, 2004 und 2012 mit jeweils 200'000 bis 220'000 ha am verheerendsten.
Die bisher flächigsten Waldbrände innerhalb Europa gab es im Juli. Betroffen waren damals neben Spanien auch Frankreich. Besonders in den Schlagzeilen waren die beiden grossen Feuer nahe der Stadt Bordeaux. Südlich der Stadt verbrannte eine Waldfläche von knapp 20'000 ha. Total brannte es in diesem Jahr in Frankreich auf einer Fläche von 50'000 ha, also bereits das Fünffache des Jahresdurchschnitts der Jahre 2006 bis 2021. Seit der Jahrtausendwende waren nur die Jahre 2002 bis 2005 schlimmer, aber das aktuelle Jahr ist ja noch nicht zu Ende. In Portugal dürften in diesem Jahr das Ausmass von 2017 glücklicherweise bei weitem nicht erreicht werden (damals brannte es auf einer Fläche von rund 500'000 ha, dies entspricht mehr als 5% der portugiesischen Landesfläche!), dennoch erwartet uns auch hier ein überdurchschnittliches Jahr. Verglichen mit dem letzten Jahr brannte es bisher bereits rund doppelt so verbreitet.
In Griechenland und Italien sind die Anzahl der Brände sowie die verwüsteten Flächen bisher in der Norm oder gar leicht unterdurchschnittlich. Hierbei gilt es jedoch anzumerken, dass das vergangene Jahr in beiden Ländern extrem war und daher die Norm (Durchschnitt der Jahre 2006-2021) deutlich nach oben gezogen wurde. Allerdings sollte an dieser Stelle auch erwähnt werden, dass die Zeit mit den ausgeprägtesten Bränden vor allem in Griechenland erst noch bevorsteht. Wenn man sich die Daten der letzten beiden Jahrzehnten betrachtet, so muss mit einem Peak Ende August gerechnet werden. Anfangs Saison weckten die frühen und grossen Brände schon Befürchtungen eines Rekordjahres, dank eines vorübergehenden Temperaturrückgangs gingen die Brände Mitte Juli aber vorübergehend deutlich zurück. Aktuell nähern sich die Brandflächen jedoch bereits wieder überdurchschnittlichen Ausdehnungen an, mit derzeit 45 aktiven Bränden liegen wir diesbezüglich bereits über der Norm.
Abb. 2: Abgebrannte Wald-, Acker- und Grasflächen in Europa. Die rote Linie zeigt das laufende Jahr, die blaue Linie den Durchschnitt der Jahre 2006-2021 und der graue Bereich die bisherigen Minima und Maxima (Quelle: EFFIS)
Übrigens, ein Grossteil der verbrannten Flächen in Griechenland und Italien sind nicht Waldstücke. In Griechenland sind für gewöhnlich rund 60-70% der verbrannten Flächen Ackerland, etwa 20% Gras- und Buschland und die restlichen 10-20% Wald. Es gibt aber grosse jährliche Variationen. In Italien machen die Waldflächen meist sogar noch einen kleineren Anteil aus. Gegenteiliges ist für Portugal, Spanien, Frankreich und Kroatien der Fall. Ein überwiegender Teil der Brände (bis zu 80%) konzentriert sich hier auf Wald- und Buschflächen.
Kurzer Ausblick
Wie die weitere Waldbrandsaison verlaufen wird, hängt meteorologisch primär von den zu erwartenden Niederschlägen und Temperaturen ab. Wir werfen daher einen Blick auf die mittelfristigen Trends dieser beiden Parameter. Wie immer gilt auch hier, dass diese Modell mit grossen Unsicherheiten behaftet sind und daher nicht auf einzelne Punkte, sondern eher auf das grossräumige Muster geschaut werden sollte.
Abb. 3: Prognostizierte Abweichungen der Temperaturen (links) und Niederschläge (rechts) für den August gemäss europäischem Wettermodell
Im August wird für einen Grossteil von Europa deutlich zu hohe Temperaturen prognostiziert. Teilweise könnten die Abweichungen bis zu 3 Grad erreichen, namentlich in Teilen von Frankreich und Spanien. Bezüglich Niederschlag ist das Bild weniger eindeutig. Zwar werden die Summen tendenziell eher unterdurchschnittlich sein, gerade in Bezug auf nächste Woche könnten aber gewisse Regionen in der Mittelmeerregion doch etwas Niederschlag bekommen. Gewittrige Niederschläge sind allerdings sehr inhomogen verteilt, so dass in einer Region viel und in der angrenzenden Region praktisch nichts vom Himmel fällt.
Abb. 4: Prognostizierte Abweichungen der Temperaturen (links) und Niederschläge (rechts) für den September gemäss europäischem Wettermodell
Die neusten Trendmodelle für den September versprechen ebenfalls eher überdurchschnittliche Temperaturen, beim Niederschlag sind die Abschätzungen aber nicht eindeutig. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es hierfür einfach noch zu früh.
Schlussendlich sind Temperatur und Niederschlag nur zwei von unzähligen Faktoren, welche Waldbrände wahrscheinlicher machen oder eine Ausbreitung fördern können. Aus meteorologischer Sicht spielen zum Beispiel auch die vorherrschenden Winde eine wichtige Rolle. Der wohl entscheidendste Faktor wird aber der menschliche Umgang mit der Trockenheit sein. Denn in den allermeisten Fällen ist ein Fehlverhalten des Menschen mit einem (Wald-)brand in Verbindung zu setzen. Gemäss portugiesischen Behörden können 60% aller Brände im Land durch Unachtsamkeiten beim Umgang mit Feuer zugeordnet werden, 23% haben einen natürlichen Ursprung, 13% wurden vorsätzlich gelegt und die restlichen 4% wurden durch landwirtschaftliche Maschinen ausgelöst. Tatsächlich dürfte der Anteil der natürlichen Brände aber wohl noch tiefer liegen, gemäss Aussagen von EFFIS liegen natürliche Faktoren (z.B. Blitzeinschläge) nur in einem tiefen einstelligen Prozentbereich.
Das laufende Jahr wird auf europäischer Ebene sowieso eines der aktivsten, möglicherweise sogar ein neues Rekordjahr werden. Denn mit Stand vom 6. August wurde bereits eine Fläche von mehr als 600'000 ha zerstört. Zum selben Zeitpunkt im Rekordjahr 2017 waren "erst" 380'000 ha abgebrannt.