Heute Abend um 18 Uhr wird der Böögg anlässlich des Zürcher Sechseläutens verbrannt. Die Brenndauer, bis der Kopf explodiert, soll dabei vorhersagen, wie der kommende Sommer werden wird. Die Überprüfung mit meteorologischen Daten zeigt aber verständlicherweise keinen Zusammenhang. Auch andere Langzeitprognosen und saisonale Prognosen sind mit grosser Vorsicht zu geniessen.
Wie wird der kommende Sommer?
Der Volksmund besagt, dass die Zeitdauer, bis der Kopf des Bööggs explodiert, ein Zeichen dafür sein soll, wie der kommende Sommer wird. Je früher der Kopf dabei explodiert, desto früher soll der Sommer beginnen und dementsprechend länger und sonniger soll er ausfallen. Wie sieht es aber aus, wenn der Zusammenhang mit meteorologischen Daten überprüft wird?
Kein Zusammenhang zwischen Brenndauer des Bööggs und den mittleren Sommertemperaturen
MeteoSchweiz hat im letzten Jahr eine Untersuchung zum allfälligen Zusammenhang der Brenndauer des Bööggs mit den mittleren Sommertemperaturen gemacht. Das Ergebnis war für den Böögg wie erwartet ernüchternd, ein Zusammenhang lässt sich nicht erkennen (vgl. nachfolgende Abbildung).
Abb. 1: Vergleich der Brenndauer des Bööggs mit den Sommermitteltemperaturen (Quelle: MeteoSchweiz)
Dass aber der Böögg durchaus Zufallstreffer landen kann, hat sich beispielsweise beim heissesten je gemessenen Sommer 2003 gezeigt, als der Kopf des Bööggs schon nach 5 Minuten 40 Sekunden explodierte. Dagegen sah es beispielsweise im Jahr 1956 ganz anders aus, als der Böögg schon nach 4 Minuten explodierte und worauf dann aber einer der kühlsten je gemessenen Sommer folgte. 2016 dauerte es demgegenüber mehr als 43 Minuten und damit am längsten, darauf gab es dann aber doch einen überdurchschnittlichen Sommer.
Welche Faktoren beeinflussen die Brennzeit des Bööggs?
Die Brennzeit des Bööggs ist von vielen Faktoren abhängig, insbesondere vom Aufbau des Scheiterhaufens, der Feuchtigkeit und der Art des verwendeten Holzes und dem jeweiligen Wetter am Tag des Sechseläutens sowie bei der Aufstapelung. Nicht zuletzt entscheidet auch die Menge der eingesetzten Brandbeschleuniger. Man hat also durchaus Möglichkeiten, nachzuhelfen und den kommenden Sommer positiv zu beeinflussen...
Wie sieht das Wetter heute Nachmittag und Abend in Zürich aus?
Zum Zug der Zünfte, der um 15 Uhr beginnt und zur anschliessenden Verbrennung des Bööggs ab 18 Uhr auf dem Sechseläutenplatz ist das Wetter in Zürich sehr wechselhaft, es gibt passend zur Jahreszeit so richtiges Aprilwetter mit Sonne und Wolken, aber auch gelegentlich mal einem Schauer, dies bei eher tiefen Temperaturen von etwa 13 bis 14 Grad. Ein Wetterablauf bezüglich Sonne, Wolken und Regengüssen kann dabei nicht gegeben werden, ein Regenschirm oder Regenschutz sowie eine Jacke ist aber sicher zu empfehlen. Der Scheiterhaufen dürfte um 18 Uhr vermutlich ziemlich nass sein, was bei Wetten der Brenndauer des Bööggs berücksichtigt werden sollte.
Und wie sieht es mit der Zuverlässigkeit von computergestützten Saisonvorhersagen aus?
In den letzten Jahren ist die Anzahl von computerbasierten numerischen Langzeitprognosen und damit auch Saisonprognosen stark angestiegen. Diese vermögen aber nur einen Trend anzugeben und sind so mit sehr grosser Vorsicht zu geniessen, wobei allfällige Übereinstimmungen eher dem Zufall geschuldet sind. Kein Wunder, unterliegt doch das Wetter zumindest ein Stück weit dem sogenannten Chaosprinzip, schon geringfügige Änderungen eines Musters können riesige Auswirkungen haben. Der Meteorologe Eduard Lorenz hat dies in den 70-er Jahren des letzten Jahrhunderts bildlich so ausgedrückt, dass schon der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien in Texas einen Orkan auslösen kann. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom «Schmetterlingseffekt». Die Idee dahinter ist, dass durch die Flügelbewegung eines Schmetterlings der dadurch entstehende Luftwirbel einen grösseren anstossen kann, welcher wieder einen grösseren auslöst usw.. Diese Kettenreaktion kann gemäss Theorie soweit führen, dass der harmlose Flügelschlag des Schmetterlings auf der einen Seite der Erde einen Tornado auf der anderen Seite der Erde bedingen kann. In diesem Lichte ist von den aktuell umhergeisternden Sommerprognosen, die teilweise einen extremen Hitzesommer und grosse Trockenheit vorhersagen, nicht viel zu halten. Im Übrigen haben auch die Muotathaler Wetterschmöcker am letzten Freitag ihre Sommerprognose herausgegeben. So soll der kommende Sommer grossmehrheitlich sonnig und warm werden.
Im Zuge der infolge des Klimawandels stetig steigenden Temperaturen geht man aber kein grosses Risiko ein, wenn man für eine Saison überdurchschnittliche Temperaturen vorhersagt. Kaum mehr kommen dagegen unterdurchschnittliche Temperaturen vor, vor allem wenn man einzelne Jahre nimmt (vgl. nachfolgende Grafik).
Abb. 2: Jahresmitteltemperaturen in der Schweiz seit 1864. Eindrücklich sind die durchgehend überdurchschnittlichen Temperaturen in den letzten Jahrzehnten (Quelle: MeteoSchweiz)
Seit diesem Jahr ist der Vergleichszeitraum übrigens von 1981 bis 2010 zu 1991 bis 2020 geändert worden. Dabei ist die Jahresmitteltemperatur in der Schweiz zwischen den beiden Vergleichsperioden um etwa 0,4 bis 0,5 Grad angestiegen. Damit ist natürlich auch die Wahrscheinlichkeit, dass eine Saison unterdurchschnittlich temperiert ist, etwas angestiegen. Bei weiter stetig steigenden Temperaturen wird sich diese Wahrscheinlichkeit dann in den nächsten Jahren aber bereits langsam wieder verringern.