Das Pollenjahr 2022 war für die Pollenallergiker bisher sehr belastend. Einerseits fing die Pollensaison verhältnismässig früh an, andererseits streuten die bisher blühenden Bäume und Sträucher teilweise sehr viele Pollen. Zudem wurden die Pollen durch den nur selten fallenden Regen kaum aus der Luft ausgewaschen. Im Süden hat bereits die Blüte des Hauptallergens, der Gräser, begonnen, im Norden steht diese kurz bevor. Wie starke Beschwerden die Gräser dabei verursachen werden, hängt von der Witterung der nächsten Wochen ab.
Das bisherige Pollenjahr 2022: Allergiker mussten leiden!
Nachdem das Pollenjahr 2021 und vor allem der Frühling für Pollenallergiker nicht so schlimm war, sieht es in diesem Jahr wesentlich schlechter aus. Von Pollenallergien sind dabei immerhin rund 20 bis 30 Prozent der Schweizer Bevölkerung betroffen, Tendenz steigend. Der Grund für die steigende Anzahl von Pollenallergikern dürfte in der mit dem Klimawandel verbundenen stetig steigenden Pollenbelastung liegen, da mit durchschnittlich höheren Temperaturen immer mehr Pollen freigesetzt werden. Zudem blühen die Pflanzen durchschnittlich nicht nur immer stärker, sondern auch immer früher.
Nachfolgend soll den Gründen nachgegangen werden, dass 2022 bisher für Pollenallergiker so belastend war und schliesslich ein kurzer Ausblick über die weitere Entwicklung gegeben werden.
Blick zurück
Letztes Jahr führte der veränderliche, immer wieder von Kälterückschlägen durchsetzte und so teilweise kühlste Frühling seit über 30 Jahren dazu, dass insbesondere die früh blühenden Bäume und Sträucher (vor allem Birken und Eschen) unterdurchschnittlich viele Pollen produzierten und diese auch immer wieder ausgewaschen wurden. Zudem besteht bei vielen Bäumen ein Zweijahreszyklus, so blühen sie im einen Jahr stärker (sog. Mastjahr), während sie im anderen Jahr mehr Energie ins Wachstum und in die Bildung von Reservestoffen stecken. Die im letzten Jahr unterdurchschnittliche Blüte wird nun in diesem Jahr zu einem Boomerang, die Bäume bildeten im letzten Sommer nur wenig Früchte, konnten sich auch infolge des immer wieder fallenden Regens gut erholen und so Energie für die Blüte dieses Jahr tanken. So ist denn auch die insbesondere bei den Birken sehr starke Blüte in diesem Jahr zu erklären. Zudem war das Wetter vor allem im März geprägt von lang anhaltenden Schönwetterphasen und grosser Trockenheit, sodass die Pollen kaum aus der Luft ausgewaschen wurden. Zu allem Übel hat die Pollensaison auch schon früh begonnen, so blühten die ersten Haseln und Erlen im Süden schon Mitte Januar und im Norden Anfang Februar.
Aktuelle Situation
Momentan stehen beidseits der Alpen zahlreiche Baumarten in Blüte, insbesondere Birken (in teilweise sehr hohen Konzentrationen), Eschen, Platanen, Hagebuchen und Eichen, wobei Letztere auf der Alpennordseite zu blühen beginnen. Auf der Alpensüdseite gibt es bereits auch mässige Graspollenkonzentrationen (Pollentyp, der die grösste allergene Wirkung aufweist) sowie mässige Buchenkonzentrationen. In höheren Lagen ab etwa 1000 Metern ist die Situation momentan weniger kritisch, allerdings weisen Birkenpollen auch hier teilweise hohe Konzentrationen auf. Nachfolgend ein kurzer Überblick zu den wichtigsten aktuell blühenden allergenen Pflanzen im Norden, Süden und in den Alpen.
Abb. 1: Aktuelle Pollenkonzentrationen im Norden
Abb. 2: Aktuelle Pollenkonzentrationen im Süden
Abb. 3: Aktuelle Pollenkonzentrationen in den Alpen
Weitere Entwicklung in dieser Woche
Bis Freitag gibt es im Norden teilweise bis recht sonniges und oft trockenes Wetter, erst am Freitagnachmittag steigt die Schauerneigung in den Alpen und im Jura etwas an. Im Süden ist ab morgen oft mit dichten Wolken zu rechnen, es fällt aber kaum Niederschlag (Wetteraussichten). Die Pollensituation entspannt sich somit kaum. Erst am kommenden Wochenende ist dann etwas verbreiteter mit Schauern zu rechnen, sodass die Pollen teilweise aus der Luft ausgewaschen werden dürften und sich die Situation so vorübergehend etwas entspannen dürfte.
Entwicklung ab nächster Woche
Die genaue Wetterentwicklung ist ab der kommenden Woche noch sehr unsicher, die Blüte der Gräser wird aber weiter voranschreiten, im Süden muss bei allfälligem Sonnenschein und trockenen Verhältnissen rasch mit hohen Konzentrationen gerechnet werden. Im Norden werden die Gräser in tiefen Lagen in der nächsten, spätestens dann in der übernächsten Woche auch zu blühen beginnen.
Abb. 4: Im Norden steht die Grasblüte kurz bevor (im Bild Wiesen-Knäuelgras/Dactylis glomerata)
So ist in den kommenden zwei Wochen bei langsam abnehmenden Baumpollenkonzentrationen gleichzeitig mit einer Zunahme der Gräserpollen und somit kaum mit einer Entspannung für die Pollenallergiker zu rechnen. In den letzten Jahren wurde häufiger beobachtet, dass sich die Blütezeit der Gräser und der allergenen Bäume überschneiden und es so im Gegensatz zu früheren Zeiten kaum eine oder sogar keine Verschnaufpause für Pollenallergiker mehr gibt. Wie stark die Graspollenbelastung dann in nächster Zeit konkret wird, hängt natürlich von der noch nicht abschätzbaren Wetterentwicklung in den kommenden Wochen ab. Immerhin konnte bei den Graspollen langfristig aber kaum eine Zunahme der Belastung verzeichnet werden. Dies dürfte darin liegen, dass immer mehr Grasflächen überbaut wurden und im Vergleich zu früheren Zeiten häufiger gemäht wird.